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Freitag, 10,12,2021
Eine wärmere Welt macht dem Körper zu schaffen. Nicht nur häufigere Hitzeperioden sind eine
Gefahr für die Gesundheit. Der Klimawandel bringt auch mehr Pollen und mehr Mücken.
Bisher waren Mückenstiche in Deutschland zwar lästig, aber harmlos. Doch das wird sich ändern: Steigt die Temperatur auf dem
Globus weiter, könnte es im Sommer bald sinnvoll werden, unter einem Moskitonetz zu schlafen – um sich etwa vor dem
Chikungunya-Fieber zu schützen. Die ursprünglich in Afrika und Südostasien vorkommende Viruserkrankung wird von exotischen Stechmücken
übertragen. Die fühlen sich zunehmend auch hier zu Lande wohler.
Insekten, die Tropenkrankheiten übertragen, machen aber nur einen Bruchteil der Gesundheitsgefahren aus, die den Menschen auf Grund des
Klimawandels drohen. Die Erderwärmung, schreiben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Fachmagazin »The Lancet«, sei die größte
Gesundheitsgefährdung des 21. Jahrhunderts. Zudem steige die gesundheitsschädliche Wirkung des Klimawandels immer stärker an, heißt es
im diesjährigen »Lancet Countdown«-Bericht.
Diese Forschungskooperation, die bereits seit einigen Jahren die Auswirkungen des Klimawandels auf die Weltgesundheit analysiert, wurde von
der Redaktion des Fachmagazins in Zusammenarbeit mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Weltorganisation für Meteorologie
gegründet. Ein dringend nötiges Projekt:
Bereits jetzt beeinflusst der Klimawandel 85 Prozent der Weltbevölkerung. Das Europäische Parlament hat den Klimanotstand ausgerufen.
Und in der Luft ist so viel Kohlendioxid, wie es die Menschheit noch nie erlebt hat.
Ernährungssicherheit in Gefahr
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben versucht abzuschätzen, wie stark der Temperaturanstieg sein darf, damit die Menschheit noch
einigermaßen zurechtkommen kann. Beschränkt sich die globale Erwärmung auf 1,5 bis 2 Grad Celsius, sind die Folgen gravierend, aber mit etwas
Glück und Anstrengung vielleicht noch beherrschbar. Erwärmt sich die Erde stärker, nehmen sie jedoch massiv zu.
Ab drei Grad, schätzen Wissenschaftler, ist eine erfolgreiche Anpassung der menschlichen Zivilisation an die Bedingungen eher unwahrscheinlich.
Zwar haben die Staaten beim Pariser Klimaabkommen 2015 sich darauf geeinigt, die globale Erwärmung auf deutlich unter 2, möglichst 1,5 Grad zu
beschränken. Doch selbst, wenn alle Länder ihre bisherigen Zusagen erfüllen, würde das noch zu einer Erwärmung um drei Grad führen.
»Auf einem überhitzten Planeten mit immer mehr Dürren, Überschwemmungen, Stürmen und Waldbränden, kollabierenden Ökosystemen und
Missernten können wir unsere Gesundheit nicht bewahren«, sagt Sabine Gabrysch. Die Ärztin und Epidemiologin ist die deutschlandweit erste
Professorin für Klimawandel und Gesundheit. Seit 2019 forscht sie am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und der Berliner
Universitätsklinik Charité.
»Bisher standen vor allem die Folgen von Hitzewellen und die Ausbreitung tropischer Infektionskrankheiten im Fokus«, sagt Gabrysch.
»Doch wenn der Regen ausbleibt, zu stark, zu spät oder zu früh einsetzt, kann das auch die Ernährungssicherheit gefährden.«
»Auch wir sind von der Klimakrise betroffen. Es geht um die Lebensgrundlagen auf der Erde«
(Sabine Gabrysch, Professorin für Klimawandel und Gesundheit am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und der Charité
Universitätsmedizin Berlin).
Und zwar nicht erst irgendwann: Im Jahr 2019 reichte die weltweite Getreideernte bereits zum zweiten Mal nicht aus, um den Bedarf zu decken.
In Deutschland lagen die Erträge im Jahr 2018 nach dem extrem trockenen Sommer 16 Prozent unter dem Durchschnitt der drei Jahre davor.
In derselben Saison meldeten die norddeutschen Landwirte bis zu 31 Prozent Ernteausfälle. Wissenschaftler forschen daher im Auftrag der
Bundesregierung an Getreidesorten, die Dürren besser standhalten.
Gabrysch sieht die Ernährungssicherheit als vielleicht größte globale Bedrohung unter den vielen Folgen des Klimawandels für die Weltgesundheit:
7,9 Milliarden Menschen leben derzeit auf der Erde – und alle brauchen Nahrung. Die Gesundheit der Ärmsten ist als Erstes und am stärksten betroffen.
Das zeigt etwa die Hungersnot in Madagaskar, die gerade das Leben Hunderttausender bedroht.» Aber es geht nicht nur um Menschen in anderen
Ländern«, sagt Gabrysch. »Auch wir sind von der Klimakrise betroffen. Es geht um die Lebensgrundlagen auf der Erde.«
Die Hitze fordert immer mehr Tote
Seit Beginn der Wetteraufzeichnungen war es in Deutschland noch nie so warm wie in den vergangenen Jahren. Bisher ist es im Schnitt seit 1880
schon um zwei Grad Celsius wärmer geworden, bis Ende des Jahrhunderts könnte der Temperaturanstieg drei Grad betragen. Klingt
nach wenig –eine solche Verschiebung des Durchschnitts ist aber gravierend. Haben jetzige Kinder das Rentenalter erreicht, werden bis
zu 30 Hitzeperioden pro Jahr in Süddeutschland normal sein.
Besonders Kindern, Alten, Menschen, die draußen arbeiten, und jenen mit Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen macht die Hitze
schwer zu schaffen. Schon vor drei Jahren kam es in Deutschland bei Menschen über 65 Jahren zu rund 20 000 Todesfällen im Zusammenhang
mit Hitze. Insgesamt ist das Risiko der Älteren, auf Grund von Hitze zu sterben, in den letzten 20 Jahren um 54 Prozent gestiegen. Neben
den extremen Temperaturen schaden auch die dadurch höheren Ozonkonzentrationen in Bodennähe der Gesundheit.
Wie Hitze die Gesundheit beeinträchtigt
- Gehirn: Das Schlaganfall-Risiko steigt, die Konzentrationsfähigkeit verschlechtert sich. Aggressivität und Gewaltbereitschaft
nehmen zu. - Lunge: Das Risiko für Atemwegserkrankungen, COPD-Verschlechterungen und Asthmaanfälle steigt.
- Herz: Das Herz-Kreislauf-System ist stark belastet, die Herzinfarktgefahr größer.
- Nieren: Das Risiko für Nierenerkrankungen und -insuffizienz steigt.
- Schwangerschaft: Das Risiko für Frühgeburten, ein geringes Geburtsgewicht oder Kindstod bei der Geburt steigt.
Bis 2030 – also in gerade einmal acht Jahren – muss die EU mit rund 30 000 zusätzlichen Hitzetoten pro Jahr rechnen;
2080 könnten es bis zu 110 000 sein. Krankenhäuser, Pflegeheime und Kommunen arbeiten bereits an Hitzeaktionsplänen,
die bisher aber kaum umgesetzt wurden.
»Wenn wir so weitermachen wie bisher, wird das sehr viele Menschenleben kosten und zudem sehr teuer werden«, sagt Gabrysch.
Allergiker leiden länger
Steigende Temperaturen wirken sich auf die Pflanzenblüte aus: Pollen fliegen länger und stärker. Viele Allergiker bekommen das bereits zu
spüren.
»Die Leidenszeit für Menschen mit Pollenallergie verlängert sich. Außerdem verbreiten sich zunehmend nicht heimische Pflanzen mit
allergener Wirkung,
etwa die Beifuß-Ambrosie«, bestätigt der Allergieinformationsdienst. Auf eine höhere CO2-Konzentration reagiert dieses Gewächs – u
nd mit ihm viele andere– mit einer verstärkten Pollenproduktion.
Nutzpflanzen wie Weizen, Mais und Reis verlieren an Qualität und werden in Zukunft weniger Nährstoffe wie Eiweiß, Zink und Eisen
enthalten.
Das ergab eine Studie von Wissenschaftlern der Harvard-Universität. »Wir rechnen damit, dass der CO2-Anstieg bis 2050 bei zusätzlich
175 Millionen Menschen weltweit zu einem Zinkmangel und bei 122 Millionen zu einem Proteinmangel führen wird«, sagt Samuel Myers,
einer der beiden Autoren.
»Bei Frauen im gebärfähigen Alter und Kindern unter fünf Jahren wird es verstärkt zu Blutarmut kommen.«
Für manches Insekt sind heiße Sommer und milde Winter in Deutschland ein Segen. Zecken übertragen Borreliose und Frühsommer-
Meningoenzephalitis (FSME) jetzt manchmal schon im Januar. Exotische Mücken werden hier zu Lande immer häufiger und bringen
tropische Krankheitserreger mit. »Die Asiatische Tigermücke wird allmählich bei uns heimisch«, berichtet Epidemiologin Gabrysch.
»Sie kann theoretisch Chikungunya, Dengue und Zika übertragen. Bisher gab es aber noch
keine einheimischen Fälle.« Durch Stiche hier eingewanderter Blutsauger wurde 2019 allerdings erstmals in Deutschland das
West-Nil-Virus übertragen.
Die klimatischen Veränderungen bringen das Tierreich in Bewegung. Wildtiere, deren Lebensraum bedroht ist, wandern in für sie angenehmere
Gegenden ab, wo sie auf Menschen stoßen. Kontakte zwischen Mensch und Tier häufen sich außerdem durch die Zerstörung der Natur und
zunehmenden Wildtierhandel.
Dadurch steigt das Risiko, dass neue Zoonosen entstehen, warnt das Bundesinstitut für Risikobewertung – bisher unbekannte Krankheiten,
die Tiere auf Menschen übertragen. Wissenschaftler gehen davon aus, dass sich Menschen in Zukunft häufiger bei Tieren mit neuen
Infektionskrankheiten anstecken werden.
Der Weltbiodiversitätsrat (IPBES) schätzt, dass in Säugetieren und Vögeln rund 1,7 Millionen Viren schlummern, von denen
631 000 bis 827 000 den Menschen infizieren könnten.
Junge Menschen haben »Klimaangst«
Auch der Erreger von Covid-19, das Coronavirus Sars-CoV-2, stammt aller Wahrscheinlichkeit nach von einer Fledermaus.
Epidemiologin Gabrysch sieht die Corona-Pandemie als Weckruf: »Sie macht uns bewusst, wie eng weltweit alles zusammenhängt
und dass unsere Gesundheit letztlich von einem gesunden Planeten abhängt.«
Ohne die immer weitere Zerstörung natürlicher Lebensräume und ohne den Wildtierhandel hätte eine Übertragung des Vorläufervirus
von Sars-CoV-2 auf einen Menschen wahrscheinlich nicht stattgefunden. Und ohne Luftverschmutzung durch fossile Brennstoffe würden
weniger Menschen an Lungen- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen leiden – die wiederum einen schweren Verlauf von Covid-19 begünstigen.
Nicht nur die körperliche Gesundheit leidet unter dem Klimawandel. »Die Flutkatastrophe im Ahrtal hat die Menschen dort traumatisiert –
was langfristig Folgen für die Psyche haben kann«, sagt Gabrysch. Die Naturkatastrophe hat gezeigt: Niemand auf der Welt ist vor den
Folgen des Klimawandels sicher.
Dass sich in Deutschland neue Infektionskrankheiten verbreiten werden, sei nicht das größte Problem, sagt Gabrysch: »Die Stabilität von
Gesellschaften und unsere Lebensgrundlage sind bedroht. Wenn wir nichts tun, besteht Lebensgefahr.« Wem das bewusst ist, der muss
ebenfalls mit psychischen Folgen rechnen:
Zwei Drittel der Jugendlichen in Deutschland haben große Angst vor dem Klimawandel, sie leiden an »Klimaangst«.
Die jungen Leute fühlen sich von den Älteren und der Politik im Stich gelassen.
Klimaschutz ist Gesundheitsschutz
Was also tun, damit der Planet und die Menschen darauf nicht noch kränker werden? »Der Schutz der Gesundheit nachfolgender
Generationen erfordert es,besser auf die Erde und ihre natürlichen Systeme Acht zu geben«, schreibt der Harvard-Wissenschaftler
Myers im Fachmagazin »The Lancet«.
Wer etwas für die Gesundheit tut, hilft gleichzeitig dem Klima – und umgekehrt.
Um eine »Heißzeit« zu verhindern, sollte jeder Einzelne seinen Konsum überdenken. Vor allem aber muss die Politik die Strukturen ändern,
so dass umweltfreundliches Verhalten einfacher wird. Die nötigen Veränderungen würden aber nicht nur unbequem werden:
»Wenn wir aus der Kohle aussteigen und unsere Städte fahrrad- und fußgängerfreundlich gestalten, mit weniger Autos und mehr Grünflächen,
dann wird die Luft sauberer und gleichzeitig bringen wir mehr Bewegung in unseren Alltag«, verspricht Gabrysch. »An vielen Stellen ist das
eine Win-win-Situation – gut für das Klima und gut für unsere Gesundheit.«
Ein Beispiel: Wer im Alltag für Wege unter zehn Kilometern vom Auto aufs Rad umsteigt, erspart der Umwelt 3,2 Kilogramm Kohlenstoffdioxid –
und das jeden Tag. Gleichzeitig senken Menschen, die regelmäßig Rad fahren, ihr Risiko, an einem Herzinfarkt oder Schlaganfall zu sterben,
um 24 Prozent.
Das Risiko, an Krebs zu sterben, sinkt durch Radfahren um 16 Prozent.
Ähnlich ist es mit dem Fleischverzehr: Wer weniger Fleisch isst, produziert weniger Kohlenstoffdioxid. Gleichzeitig sinkt das Krebsrisiko:
Die WHO stuft rotes Fleisch – von Rind, Schwein, Schaf und Ziege – seit Jahren als Krebs erregend ein. Wer pro Tag 50 Gramm
mehr isst als der Bundesdurchschnitt, erhöht sein Darmkrebsrisiko um 18 Prozent.
Bleibt eigentlich nur eine Frage offen: Ist die Menschheit noch zu retten? »Das kommt auf uns alle an. Wenn immer mehr Menschen
mitmachen, dann ja«, sagt Gabrysch. »Vielleicht muss man manchmal am Rand des Abgrunds stehen, um zu erkennen, dass sich
etwas ändern muss.
« Die Klimakrise und die ökologische Krise zu stoppen, sei die vielleicht größte Herausforderung der Menschheit, sagt die Wissenschaftlerin.
Aber eine, die zu meistern ist.
Donnerstag, 18,11,2021
Drei Treibhausgase-drei Rekorde
Im vergangenen Jahr erreichten die Treibhausgase Kohlendioxid, Methan und Lachgas
wieder Rekordwerte. Und auch die Zuwachsraten sind überdurchschnittlich hoch.
Die Weltwetterorganisation (WMO) lässt in ihrem gestern erschienenen
»Greenhouse Gas Bulletin« keinen Zweifel daran, dass die Zunahme der drei wichtigsten
Treibhausgase in der Atmosphäre bedenkliche Werte angenommen hat. Alle drei Gase, die
maßgeblich die Aufheizung des Planeten vorantreiben, erreichten im Jahr 2020 nicht nur
Rekordwerte, sondern verzeichneten auch überdurchschnittlich hohe Zuwächse.
Die global gemittelten CO2-Konzentrationen kletterten demnach auf einen neuen Höchststand
von 413,2 Teilen pro Million (ppm). Bedingt durch die Corona-Pandemie war der CO2-Anstieg
von 2019 auf 2020 immerhin etwas geringer als von 2018 auf 2019. Aber auch er überstieg die
durchschnittliche jährliche Wachstumsrate der letzten zehn Jahre.
Auch Methan – ebenfalls ein potentes Treibhausgas – erreichte einen Höchstwert 2020.
Seine durchschnittliche Konzentration gibt die WMO mit 1889 Teilen pro
Milliarde (ppb) an. Das ist mehr als das Zweieinhalbfache
der Konzentration des Jahres 1750.
Treibhausgaskonzentrationen
In ihrem jüngsten Treibhausgasbericht vermeldet die WMO gleich drei Rekorde.
Kohlendioxid | Methan | Lachgas | |
globales Mittel (2020) | 413,2±0,2 ppm | 1889±2 ppb | 333,2±0,1 ppb |
Anstieg gegenüber Jahr 1750 | 149 % | 262 % | 123 % |
Absoluter Anstieg gegenüber 2019 | 2,5 ppm | 11 ppb | 1,2 ppb |
Relativer Anstieg gegenüber 2019 | 0,61 % | 0,59 % | 0,36 % |
Durchschnittlicher Jahreszuwachs absolut | 2,40 ppm/Jahr | 8,0 ppb/Jahr | 0,99 ppb/Jahr |
Quelle: World Meteorological Organisation
Die Durchschnittskonzentration von Lachgas im Jahr 2020 gibt die Organisation mit 333,2 ppb an:
auch dies ein Zuwachs um 1,2 ppb gegenüber dem Vorjahr. Im Schnitt der letzten zehn Jahre hat sich
die Lachgaskonzentration nur um 0,99 ppb pro Jahr erhöht. Lachgas, das durch menschliche
Aktivität freigesetzt wird, stammt aus dem Verbrennen von Biomasse und dem Einsatz von Düngemitteln.
In der Atmosphäre befindet sich demnach etwa eineinhalbmal so viel Kohlendioxid wie in
vorindustriellen Zeiten (149 Prozent). »Kohlendioxid bleibt über Jahrhunderte in der Atmosphäre
und noch länger im Meer. Das letzte Mal, dass die Erde eine vergleichbare CO2-Konzentration aufwies,
war vor drei bis fünf Millionen Jahren, als die Temperatur um zwei bis drei Grad Celsius wärmer war
und der Meeresspiegel 10 bis 20 Meter höher lag als heute. Aber damals gab es auch noch keine
7,8 Milliarden Menschen«, sagt der WMO-Generalsekretär Petteri Taalas in einer Mitteilung seiner Organisation.
Wie funktioniert CO²-Abscheidung?
In einer typischen Sure Source-Anwendung unserer Anlagen-Technik wird sauberes
Erdgas mit Umgebungsluft für den Brennstoffzellen-Stromerzeugungsprozess kombiniert.
Aufgrund der einzigartigen Fähigkeiten der Karbonat-Brennstoffzellentechnologie
wird das Abgas von Kohle- oder Gaskraftwerken auf den Lufteinlass der Brennstoffzellen geleitet,
wenn es für die Kohlenstoffabscheidung konfiguriert ist.
Die Brennstoffzellen fungieren als Kohlenstoffreinigungsmembran und übertragen
CO2 vom Luftstrom, wo es sehr verdünnt ist, bis zum Kraftstoffabgasstrom, wo es konzentriert ist, wodurch das CO2 einfach und kostengünstig erfasst, gekühlt und komprimiert für den industriellen Einsatz oder die Sequestrierung.
- Return on Investment – Generiert eine Kapitalrendite statt einer Erhöhung der Betriebskosten, verlängert die Lebensdauer bestehender Gaskraftwerke und ermöglicht noch eine kohlenstoffarme Nutzung der heimischen Gasressourcen. In der Basiskonfiguration Strom/Wärme, wird ein erheblicher Teil des jeweiligen Energieträgers (Bio-oder Erdgas) in Wasserstoff verwandelt, der letztlich die Transformation elektrochemisch in Strom/Wärme
generiert und einen Wasserstoffüberschuss erzeugt, der entsprechend vermarktet werden kann.
Wasserstoff-Preis-Index Hydex/grün: € 208,31 MWh (18,11,2021)
Zerstörung von Schadstoffen – Fängt CO₂ aus dem Rauchgas von Kohle- und Gaskraftwerken ab und zerstört gleichzeitig etwa 70% des smogproduzierenden Stickoxids (NOx).
Freitag, 05,11,2021
BLOCKCHAIN IST WIE DNA
Forscher: Bitcoin entspricht einer „neuen Definition von Leben“
Die Blockchain ist die Grundlage für Bitcoin und Co. Jetzt haben Forschende eine Studie
veröffentlicht, die unser Verständnis von Technik und Leben aufmischt.
Für die einen ist die Blockchain-Technologie der Heilsbringer einer neuen Finanzwelt, für die
anderen nichts als eine glorifizierte Excel-Tabelle. Eine weitere Perspektive steuert nun die
Wissenschaft bei:
Demnach arbeitet die Grundlage von Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ethereum ähnlich
wie die DNA in unseren Zellen. Die Blockchain – eine neuartige Definition von „Leben“?
Das legen Forscher in einer Studie nahe. Was steckt dahinter?
Blockchain-basierte Systeme wie Bitcoin und Co., so die These, weisen eine Reihe von Eigenschaften
auf, die dem menschlichen Organismus sehr ähnlich sind. Astrobiologe Oleg Abramov über die im
renommierten Wissenschaftsmagazin „Origins of Life and Evolution of Biospheres“ veröffentlichte
Analyse:
„Diese Arbeit zeigt, dass die in biologischen Systemen beobachtete Ordnung im Wesentlichen auf
Berechnungen beruht.“ Berechnungen, wie sie auch für Blockchains typisch seien.
Die Schlussfolgerung der Autoren:
Blockchain -Netzwerke erfüllen alle allgemein anerkannten Kriterien für biologisches Leben.
Sie würden auf ähnliche Weise wachsen, könnten sich zudem wie ein lebendiger Organismus
entwickeln und selbst organisieren.
Senior-Wissenschaftler Abramov erläutert:
- „Unsere Beobachtungen zeigen zum Beispiel eine Reihe von funktionalen und strukturellen
Ähnlichkeiten zwischen der Blockchain und der DNA, einem sich selbst replizierenden Molekül,
das den genetischen Bauplan für alles bekannte Leben darstellt.“
Kleiner, aber gewichtiger Unterschied: Blockchains sind nicht biologisch. Abramov definiert die
Technologie als „eine nur anhängende Datenstruktur, die aus Untereinheiten besteht, die Blöcke
genannt werden“.
Diese Blöcke sind bekanntlich dauerhaft miteinander „verkettet“ – daher auch der Begriff
„Blockchain“.
Hinzu kommt: Die Blockchain existiert nicht nur auf einem einzelnen Rechner, sie ist vielmehr
in identischen Kopien verteilt auf tausende Geräte, sogenannte Knoten (Nodes).
Blockchain-Nodes – Bitcoin wie Zellen im menschlichen Körper
Und durch diese konzeptionelle Eigenschaft entsteht auch die auffällige Ähnlichkeit zur Definition
von Leben: Blockchains besitzen Nodes, die den Transaktionsverlauf speichern – wie Zellen, die
zahlreiche identische Kopien der DNA enthalten. Die Blockchain – mehr als die Summe ihrer Teile?
Abramov bestätigt: „In der Praxis ist [die Blockchain] ein unveränderliches Medium. Sie enthält
Anweisungen in Form von Computercode und wird über Tausende von Knoten repliziert, ähnlich wie
DNA in Zellen.“
Die Erkenntnisse würden eine tiefe fundamentale Verbindung zwischen kybernetischen und
biologischen Systemen herstellen, betonen die Autoren. Eine derartige Selbstorganisation auf hoher
Ebene werde routinemäßig etwa beim maschinellen Lernen genutzt. Auch hier organisieren sich
künstliche neuronale Netze als Reaktion auf externe Eingaben selbst – ähnlich wie Neuronen im Gehirn.
Der Abhandlung zufolge hätten Blockchain-Systeme, auf denen Kryptowährungen wie etwa Bitcoin
beruhen, sogar eine Reihe spezifischer Vorteile gegenüber biologischem Leben –
„darunter eine deutlich höhere Geschwindigkeit, Genauigkeit, Redundanz und unbegrenzte Größe der
Blockchain im Vergleich zur DNA“.
NFT-Datei ist 69 Millionen Dollar wert
Blockchain kann Eigenschaften an Nachkommen weitergeben
Außerdem könnten Blockchains „erworbene Eigenschaften an Nachkommen“ weitergeben und
spezialisierte Zellen unabhängig vom Wirtsorganismus operieren lassen. Zu guter Letzt als vorteilhaft
angeführt werden das Fehlen des Alterungsprozesses und der Umstand, dass jene „Blockchain-basierten
Organismen“schlussendlich „keinen Tod erleiden“. Denn, so die Studie:
„Der Tod eines Blockchain-basierten Organismus kann als bestätigte Zerstörung aller Kopien seiner
Blockchain definiert werden, was in der Praxis schwierig oder unmöglich zu erreichen sein kann.“
Blockchain: Die Technik hinter Bitcoin, NFT und Co.
Blockchain: Bitcoin als unsterbliches Wesen
Die Blockchain als unsterbliches Wesen aus Bits und Bytes also. Welche Überraschungen hält die
neue Technologie noch bereit? Abramov zufolge sei die Entwicklung mathematischer Theorien,
die berechnen, wie sich biologische Systeme selbst ordnen, eine „vielversprechende Richtung für
die zukünftige Forschung“.
Es zeigt sich: Die Frage „Was ist Leben?“ – sie dürfte die Wissenschaft noch lange beschäftigen.
Was ist NFT?
NFT steht für den Begriff “Non-Fungible Tokens”. Übersetzt meint das: nicht ersetzbare
(oder austauschbare) Token. Die Non-fungible Tokens sind gewissermaßen digitale Echtheitszertifikate.
Sie sorgen dafür, dass unter einer Vielzahl identischer Kopien nur eine Datei (signiertes) Original gilt.
Mittwoch, 20,10,2021
Gastautor Josef Settele
Der Autor ist Agrarbiologe am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Halle sowie Professor für
Ökologie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Zusammen mit Sandra Díaz und Eduardo Brondizio
leitete er die Arbeit am 2019 veröffentlichten Globalen Zustandsbericht des Weltbiodiversitätsrats IPBES.
Als Mitglied des Sachverständigenrats für Umweltfragen berät er die deutsche Bundesregierung
Nicht erst jetzt ist die Zeit, die Natur zu retten
Wir Menschen greifen massiv in die Ökosysteme der Erde ein. Die Zerstörung der Umwelt löste nicht
nur eine weltweite Klimakrise aus, sondern verursachte auch ein Artensterben in nie da gewesener
Geschwindigkeit.
Doch es ist noch nicht zu spät, die ökologische Vielfalt unseres Planeten zu retten.
Als ich im Sommer 2020 mein Buch »Die Triple-Krise« schrieb, las ich nach Jahren wieder eine zwischen
2008 und 2010 zusammen mit Kollegen verfasste Arbeit zu den Risiken des Artensterbens.
Auf Basis der uns bekannten wissenschaftlichen Erkenntnisse hatten wir mehrere denkbare Entwicklungen
skizziert. Darunter befand sich ein Szenario für mögliche Pandemien inklusive deren Folgen.
Ich erschrak, wie nah wir in unseren Worst-Case-Annahmen der Realität von heute kamen:
Damals konnten wir uns zehntausende Tote, überfüllte Krankenhäuser, zur Isolation gezwungene Menschen und
weitgehend zusammengebrochene Volkswirtschaften vorstellen.
Genau das erlebt die Welt heute: Ein Virus, das den Sprung zum Menschen schaffte, bringt auf allen Kontinenten Tod,
Schmerz und Trauer sowie schwere ökonomische und soziale Verwerfungen. Keine Regierung kann behaupten,
nichts von solchen Risiken gewusst zu haben. Covid-19 ist längst nicht die erste tödliche Infektionskrankheit,
die über Tiere zu uns gelangte. Malaria, Aids, Ebola, Mers, Sars sowie diverse Formen der Grippe zählen ebenfalls zu den
Zoonosen. Die Pufferzonen zwischen Natur und Mensch verschwinden zunehmend, weil Wälder abgeholzt und in Weiden,
Äcker, Plantagen oder Bauland verwandelt werden.
Auch in Zeiten der Pandemie vermag sich die Natur kaum zu erholen. So belegen die Brandrodungen im Amazonasgebiet,
dass die Plünderung des Blauen Planeten weitergeht. In artenreichen Regionen richten Viren, die innerhalb einer Tierart
vorkommen,kaum Schaden an, da die Wirtstiere nur vereinzelt auftreten. Durch die Vernichtung von Lebensräumen nimmt
die Populationsdichte einiger weniger Spezies stark zu, was die Ausbreitung wie auch die Mutation von Krankheitserregern
fördert. Generell gilt: Wenn wir in die nochübrig gebliebenen Naturräume vordringen, erhöht sich der Kontakt und damit das
Risiko der Virenübertragung vom Tier zum Menschen.
Entwicklung der Ökosystemleistungen | Ökosystemleistungen bilden das Potenzial der Natur,
kontinuierlich und nachhaltig die Lebensqualität des Menschen zu fördern. Sie lassen sich in regulierende,
unterstützende und kulturelle Leistungen untergliedern, wobei mitunter mehrere Indikatoren innerhalb einer
Ökosystemleistung zum Wohlergehen des Menschen beitragen. In nahezu allen Bereichen zeigt sich weltweit ein
Abwärtstrend.
Ähnliche Gefahren drohen, wenn es uns nicht gelingt, uns von der Massentierhaltung zu verabschieden.
Die ökonomischen und gesellschaftlichen Konsequenzen der Corona-Pandemie offenbaren, wie teuer die
Vernachlässigung des Vorsorgeprinzips werden kann.
Bei der Zerstörung der Umwelt werden solche Folgen bislang überhaupt nicht bedacht – und das Bewusstsein, dass
Klimakrise, Artensterben und Pandemien zusammenhängen, dringt nur langsam durch. Immerhin erkannte
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im Februar 2021: »Wenn wir nicht dringend handeln, um unsere
Natur zu schützen, stehen wir vielleicht schon am Anfang einer Ära von Pandemien.
Trotz der gravierenden Bedrohungen und der bislang ausbleibenden Fortschritte zu ihrer Bewältigung bin ich davon
überzeugt, dass wir immer noch die zukünftige Entwicklung in die richtige Bahn lenken können. Dafür müssen wir
allerdings endlich anfangen, die grundlegenden wirtschaftlichen, sozialen und technologischen Ursachen für die
Naturzerstörungen anzugehen.
Klimakrise, Artensterben und Pandemien
Im Oktober 2021 sowie im April/Mai 2022 wollen die knapp 200 Vertragsstaaten der Biodiversitätskonvention auf ihrer
15. Konferenz (Conference of the Parties to the Convention on Biological Diversity oder kurz COP 15 CBD) im chinesischen
Kunming einen globalen Rahmen zum Schutz der biologischen Vielfalt beschließen. Der Weltbiodiversitätsrat IPBES
(Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services) dokumentierte im Mai 2019 in seinem
»Globalen Zustandsbericht«, wie menschliches Handeln in den vergangenen 50 Jahren die biologische Vielfalt verringert und
die Ökosysteme beeinträchtigt hat. Diese erste umfassende Bewertung der Natur stellt klar, wie der Mensch in wahrhaft
planetarischem Ausmaß die Umwelt verändert, obwohl er vollkommen von ihr abhängt. Der Bericht zeigt aber auch Wege
aus der Biodiversitätskrise auf, indem er systematisch indigenes und lokales Wissen mit neuesten Erkenntnissen der Natur- und
Sozialwissenschaften kombiniert. Die zentralen Schlussfolgerungen daraus bilden die Basis dieses Manifestes.
Die lebenswichtigen Beiträge der Natur für die Menschheit werden auch als Ökosystemleistungen bezeichnet und betreffen praktisch
alle Aspekte der menschlichen Existenz. Doch die Politik der Regierungen sowie die Mechanismen des Markts spiegeln
ihren vollen Wert in der Regel nicht wider. Daher wundert es kaum, dass in den letzten Jahrzehnten die Fähigkeit der Natur,
Umweltprozesse vorteilhaft zu regulieren – wie bei der Luft- und Wasserqualität, dem Aufbau gesunder Böden, der Bestäubung von
Nutzpflanzen oder dem Küstenschutz –, weltweit abgenommen hat (siehe »Entwicklung der Ökosystemleistungen«).
Aussterberate seit 1500 | Seit dem 16. Jahrhundert sterben immer mehr Wirbeltiergruppen aus.
Der negative Trend beschleunigte sich vor allem im letzten Jahrhundert. Unter natürlichen Bedingungen
wäre mit einer jährlichen Aussterberate von 0,1 bis 2 Arten pro Million zu rechnen.
So bedeutet der Verlust von Küstenlebensräumen für 100 bis 300 Millionen in solchen Regionen lebende Menschen ein
erhöhtes Risiko für Überschwemmungen und Sturmschäden. Der dramatische Einbruch in der Biomasse bestäubender
Insekten betrifft mehr als 75 Prozent der Nahrungsmittelpflanzen und gefährdet weltweit Ernteerträge von geschätzt
jährlich 200 bis 500 Milliarden Euro. Ebenfalls eingebüßt haben wir die nichtmateriellen Beiträge der Natur zur
menschlichen Lebensqualität wie Bildung und Inspiration, physische und psychologische Erfahrungen oder die
Unterstützung von Heimatverbundenheit.
Es gibt allerdings Ausnahmen vom Abwärtstrend. So stieg der Ertrag von Nutzholz und Fisch seit 1970 um fast 50 Prozent,
und der Wert der landwirtschaftlichen Pflanzenproduktion hat sich auf etwa 2,2 Billionen Euro im Jahr 2016 ungefähr
verdreifacht.Doch selbst innerhalb der materiellen Beiträge zeigen einige Indikatoren einen starken Rückgang, wie die
Einbrüche bei den Meeresfischbeständen belegen. Hinzu kommt die ungleiche Verteilung gestiegener Produktion:
Obwohl die Unterernährung in den letzten zwei Jahrzehnten weltweit zurückging, sind immer noch mehr als
800 Millionen Menschen von chronischem Nahrungsmangel betroffen.
Der Rückgang fast aller Ökosystemleistungen hängt direkt mit der globalen Zunahme der Konsumgüterproduktion
zusammen.
Wir forcieren die Ausbeutung der Natur, um mit der von uns kreierten steigenden Nachfrage Schritt zu halten.
Seit 1970 hat sich die Weltbevölkerung verdoppelt, der Pro-Kopf-Konsum wuchs um 45 Prozent, der Wert der globalen
Wirtschaftsaktivität vervierfachte und der Welthandel verzehnfachte sich – gleichzeitig stieg die Entnahme von
Lebewesen aus der Natur um mehr als 200 Prozent.
Der Mensch hat drei Viertel der Landoberfläche direkt verändert; zwei Drittel der Meeresoberfläche leiden zunehmend
unter den Auswirkungen menschlicher Aktivität; etwa 85 Prozent der Feuchtgebiete gingen seit dem Jahr 1700 verloren;
und 77 Prozent der über 1000 Kilometer langen Flüsse fließen nicht mehr frei von der Quelle zum Meer. Küstenökosysteme
weisen einige der größten und schnellsten Einbrüche der letzten Zeit auf. Der Bestand an lebenden Korallen hat sich in den
vergangenen 150 Jahren fast halbiert. Korallenriffe werden wohl noch in diesem Jahrhundert weitgehend verschwinden,
wenn der Klimawandel nicht stark eingedämmt wird.
Die globale Biomasse der Vegetation hat sich im Lauf der Menschheitsgeschichte halbiert; Wälder erstrecken sich heute
lediglich auf etwa zwei Drittel ihrer vorindustriellen Fläche. Obwohl sich der Waldverlust seit den 1980er Jahren verlangsamt
hat, schreitet er in vielen tropischen Regionen immer noch sehr schnell voran, und die zunehmende Ausdünnung der
Wälder in den gemäßigten und nördlichen Zonen geht einher mit einer Fragmentierung sowie mit Funktionsverlusten
wie bei der Kohlenstoffspeicherung.
Rund eine Million der insgesamt auf acht Millionen geschätzten Tier- und Pflanzenarten ist in naher Zukunft vom Aussterben
bedroht, falls wir nicht gegensteuern. Wildtierpopulationen an Wasser und Land nehmen generell weiter ab. Seit dem
Aussterben der Megafauna im späten Pleistozän sank die globale Biomasse wild lebender Säugetiere um mehr als drei Viertel –
und beträgt heute weniger als zehn Prozent der Biomasse, welche die menschliche Bevölkerung ausmacht. Bei den für unsere
Ernährung relevanten großen Raubfischen ging in den letzten 100 Jahren die Biomasse um zwei Drittel zurück.
Aber auch andere Wirbeltiere wie Reptilien, Vögel und vor allem Amphibien verschwinden (siehe »Aussterberate seit 1500«).
Selbst unsere Nutzpflanzensorten und Haustierrassen bleiben nicht verschont. Bedrohte wild lebende Verwandte von Nutzpflanzen
stehen meist nicht unter Schutz. Das gefährdet die genetische Variabilität, auf der die langfristige Widerstandsfähigkeit der
landwirtschaftlichen Nahrungsmittelproduktion gegenüber Umweltstress beruht.
Bei den unmittelbaren Ursachen für den Wandel im Gefüge des Lebens stehen an erster Stelle die veränderte Nutzung und
die Ausbeutung von Land und Meer durch Ackerbau und Viehzucht beziehungsweise Fischerei. Als immer bedeutender
werdender Treiber für die Zerstörung der Biosphäre entwickelt sich zunehmend der menschengemachte Klimawandel.
Steigende Temperaturen und veränderte Niederschlagsmuster bringen viele Spezies an den Rand ihrer biologischen
Toleranz und zwingen sie dazu, sich überaus schnell anzupassen oder die angestammten Lebensräume zu verlassen –
oder eben auszusterben. Umgekehrt büßen aus dem Gleichgewicht geratene Ökosysteme ihre Fähigkeit ein,
Treibhausgase aufzunehmen und zu binden, Wetterextreme zu überstehen und für uns wichtige Ökosystemleistungen
wie frisches Trinkwasser und saubere Luft zu erbringen. Obwohl somit die Klimakrise und der Biodiversitätsverlust
eng miteinander verwoben sind, wurden sie wissenschaftlich und politisch bislang meist noch getrennt voneinander
diskutiert. Da aber auf beiden Gebieten die Situation extrem angespannt ist, erfordern Klima- und Artenschutz nach
jahrzehntelangem Zögern jetzt schnelle und konzertierte Reaktionen sowie gesellschaftliche Transformationen.
Bestimmend für die beobachteten direkten Triebkräfte sind letztlich aber indirekte Einflüsse durch Demografie,
Wirtschaft und Politik, die sich wechselseitig beeinflussen. So vermögen umweltpolitische Maßnahmen ökologische
Beeinträchtigungen durch ökonomische Fehlentscheidungen abzumildern. Andererseits schaden etliche
wirtschaftliche Anreize wie Subventionen für Fischerei, Landwirtschaft, Viehzucht, Forstwirtschaft, Bergbau oder
Energieerzeugung der Natur. Zusätzlich können sich Naturschutzmaßnahmen mitunter ungleich auswirken.
Beispielsweise unterstützen manche reiche Länder den Umweltschutz in ärmeren finanziell, um sich damit globale
Vorteile wie den Erhalt bestimmter Arten oder der Speicherung von Kohlenstoff zu erkaufen –
was allerdings mitunter zu Lasten von Wirtschaft und Gesellschaft vor Ort geschieht.
Angesichts all dieser Trends verwundert es kaum, dass internationale Vereinbarungen zum Schutz der Biodiversität nicht
eingehalten werden. 2010 hatten die Vertragsstaaten der Biodiversitätskonvention 20 Ziele verabschiedet, die es bis 2020
zu erreichen galt und die auf Grund des Tagungsorts Nagoya in der japanischen Präfektur Aichi als »Aichi-Ziele« firmieren.
Hierzu zählen die Bekämpfung des Verlustes der Artenvielfalt, die Förderung nachhaltiger Nutzung, der Schutz von
Ökosystemen samt ihrer genetischen Vielfalt, der Artenschutz sowie die Förderung von Ökosystemleistungen. Fast alle
dieser Ziele wurden bis Fristende verfehlt. Diese Bestrebungen hängen wiederum entweder direkt oder über komplexe
Wechselwirkungen mit den von den Vereinten Nationen festgelegten Zielen für nachhaltige Entwicklung wie der Bekämpfung
von Armut und Hunger oder der Förderung von Gesundheit und Bildung zusammen. So gibt es wichtige
Rückkopplungen zwischen der Umwelt und der Entwicklung von Wirtschaft und Infrastruktur. Die Bedrohung der Natur
gefährdet damit das Erreichen dieser Entwicklungsziele.
Viele der Biodiversitäts- und Nachhaltigkeitsziele sollten in Bezug auf Nahrung, Energie, Klima und Wasser sowohl lokal
als auch global zu schaffen sein. Die Komplexität der Herausforderungen erfordert einen integrativen Ansatz, mit dem sich
einerseits der Klimawandel abschwächen, der Verlust der biologischen Vielfalt aufhalten und die Ernährung der Weltbevölkerung
sicherstellen lässt und der andererseits Wechselwirkungen, Synergien und Zielkonflikte im Auge behält.
Selbst eine mäßige Klimaerwärmung wird wahrscheinlich die biologische Vielfalt beeinträchtigen und die damit
verbundenen Vorteile für den Menschen gefährden. Um den durch die Treibhausgasemissionen ausgelösten globalen
Temperaturanstieg auf 1,5 Grad Celsius bis zum Ende des 21. Jahrhunderts zu begrenzen (Pariser Klimaziel), bedarf
es großflächiger Klimaschutzmaßnahmen, wobei auch Aufforstung oder der Anbau von Bioenergiepflanzen vorgeschlagen
werden. Letztere könnten sich allerdings negativ auf Biodiversität, Nahrungsmittelproduktion und Wasserbedarf auswirken.
Gleichzeitig erfordert die Sicherstellung einer ausreichenden Ernährung aller Menschen eine Ausweitung der
landwirtschaftlichen Nutzfläche, was abermals die Biodiversität beeinträchtigt und die Klimakrise weiter zuspitzt.
Wandel zur Nachhaltigkeit
Diese Zielkonflikte kann man allerdings mit einer Reihe möglicher Maßnahmen umgehen. Der Klimawandel ließe sich
abmildern, wenn wir uns auf die Wiederherstellung von Ökosystemen mit hohem Kohlenstoffgehalt konzentrieren und
dabei gleichzeitig übermäßigen Verbrauch und Abfall reduzieren, statt auf massive Monokulturplantagen zur Erzeugung
von Bioenergie zu setzen. In ähnlicher Weise könnten wir den wachsenden Nahrungsmittelbedarf decken, ohne den
ökologischen Fußabdruck der Landwirtschaft zu vergrößern, indem wir die Erträge nachhaltig steigern, unsere
Ernährungsgewohnheiten ändern und die Verschwendung von Lebensmitteln vermeiden.
Die Umkehrung des fortschreitenden Niedergangs der Natur bei gleichzeitiger Bekämpfung sozialer Ungleichheit erfordert
einen grundsätzlichen Wandel. Dabei muss über alle Systeme hinweg die Nachhaltigkeit von der altruistischen Ausnahme
zur Norm erklärt werden. Für eine solche Transformation zum Wohl der Allgemeinheit müssen wir Widerstände von
Besitzstandswahrern überwinden. Bereits bestehende Umweltvorschriften gilt es besser um- und durchzusetzen; schädliche
politische Regelungen wie Subventionen für Energienutzung oder Ressourcenabbau müssen reformiert oder ganz abgeschafft
werden. Für die Politik bedeutet das, die verschiedenen Ebenen miteinander zu vernetzen. Dafür müssen etwa in Deutschland
auf Bundesebene alle Ministerien an einem Strang ziehen – das Verkehrsministerium genauso wie das Finanzministerium,
so dass nicht mehr nur das Umweltministerium als einziges die Fahnen für eine vorsorgende Politik hochhält. Noch wichtiger
ist eine internationale Zusammenarbeit, die vermeidet, dass wir über den globalisierten Handel den Artenverlust exportieren,
und die beim Güterimport im Auge behält, was wir damit in den Herkunftsländern anrichten können. Ein maßgeblicher
Schalthebel für die Europäische Union stellt die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) dar, die bislang bei der Landnutzung immer
noch auf Flächensubventionen statt auf gemeinwohlorientiertes nachhaltiges Wirtschaften setzt.
Eine solche Transformation lässt sich beschleunigen, indem Regierungen und Gesellschaft gemeinsam an zentralen
Punkten ansetzen –selbst wenn manche Veränderungen auf Widerstand stoßen dürften. Dafür eignen sich insbesondere
fünf Hebel:
- Anreize für Umweltverantwortung,
- bereichsübergreifende Zusammenarbeit,
- Vorsorgemaßnahmen, um Naturschäden zu vermeiden, abzumildern und zu beheben,
- Förderung widerstandsfähiger sozialer und ökologischer Systeme sowie
- Stärkung von Umweltgesetzen.
Ein überproportional großer Effekt lässt sich außerdem erzielen, wenn man sich auf folgende acht Ansatzpunkte konzentriert:
- die Vision einer guten Lebensqualität, die ohne ständig wachsenden materiellen Verbrauch auskommt,
- die Senkung von Gesamtverbrauch und Verschwendung,
- neue soziale Normen für Nachhaltigkeit und verantwortungsvollen Konsum,
- die Bekämpfung von sozialen und geschlechtlichen Ungleichheiten, welche die Fähigkeit zur Nachhaltigkeit untergraben,
- eine gerechte Aufteilung der Vorteile, die sich aus der Nutzung der Natur ergeben,
- die Berücksichtigung (Internalisierung) von Folgekosten der durch wirtschaftliche Aktivitäten ausgelösten Umweltschäden,
- die Etablierung umweltfreundlicher Techniken sowie
- die Förderung von Bildung und Wissenschaft insbesondere in Bezug auf Naturschutz und Nachhaltigkeit.
Der Verlust der biologischen Vielfalt, die Klimakrise und das Ziel einer guten Lebensqualität für alle sind eng miteinander
verknüpft und müssen dringend lokal wie global angegangen werden. Die Bewahrung eines lebenserhaltenden und
lebenserfüllenden Planeten für den Menschen und andere Spezies stellen somit ein und dieselbe Herausforderung dar,
die nicht durch »business as usual« bewältigt werden kann. Wir verfügen jedoch über eine Vielzahl von Ansätzen und
Instrumenten, um gemeinsam Nachhaltigkeit zu erreichen. Die Transformationen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft,
die notwendig sind, um diese Veränderungen rechtzeitig und in großem Umfang umzusetzen, können durch eine Reihe von
gezielten Interventionen insbesondere an den Schlüsselstellen der indirekten Einflussfaktoren ausgelöst werden.
Auf diese Weise ist es immer noch möglich, die Ernährung und Versorgung der Menschheit zu gewährleisten und gleichzeitig
die Lebensgrundlage für uns alle wiederherzustellen und für die Zukunft zu bewahren.
Donnerstag, 07,10,2021
Hype Wasserstoff !
Wir können das schon länger- hocheffizient mit Multicarbonat-
Brennstoffzellen kostenneutral-elektrochemisch ohne Elektrolyse
Wasserstoff-Preis-Index Hydex: 311,54 € /MWh (07,10,2021)
Mittwoch, 29,09,2021
Strengere Grenzwerte für saubere Luft
Weltgesundheitsorganisation
Die Luftqualität in Europa ist miserabel, legt man die neuen Grenzwerte der WHO an. Vor allem für Feinstaub und Stickstoffoxid empfiehlt die Organisation deutlich niedrigere Werte.
Längst ist bekannt, dass verschmutzte Luft der Gesundheit schadet. Wann die Belastung allerdings zu hoch ist, sollen in der Europäischen Union Grenzwerte festlegen. Ginge es nach der Weltgesundheitsorganisation, müssten diese aber deutlich nachjustiert werden: Die WHO hat ihre Empfehlungen für die Grenzwerte von Luftschadstoffen aus dem Jahr 2005 aktualisiert und insbesondere die Werte für Feinstaub und Stickstoffdioxid stark gesenkt. Damit weichen diese Limits teils noch deutlicher von den für Deutschland rechtlich bindenden Werten der EU ab als zuvor. Die Länder sind jedoch nicht verpflichtet, die Leitlinien der WHO zu übernehmen.
Luftschadstoffe gelten als Krebs erregend und sind die Ursache für diverse Erkrankungen der Atemwege sowie des Herz-Kreislauf-Systems, aber auch für Diabetes und neurodegenerative Krankheiten. Laut der WHO sterben weltweit jährlich sieben Millionen Menschen vorzeitig infolge der Luftverschmutzung. Dementsprechend dringend sei es, die Konzentration an Schadstoffen in der Luft zu senken.
Der Bericht der WHO behandelt sechs Schadstoffe, darunter Feinstaub in den Partikelgrößen PM2,5 und PM10, ferner Ozon (O3), Stickstoffdioxid (NO2), Schwefeldioxid (SO2) und Kohlenstoffmonoxid (CO). Gemäß den neuen Richtlinien sollen aufs Jahr gerechnet nicht mehr als 10 Mikrogramm pro Kubikmeter Stickstoffdioxid in die Luft gelangen. Zuvor setzte die WHO für NO2, das vor allem durch die Verbrennung von Dieselkraftstoff entsteht, die Schwelle bei 40 Mikrogramm an. Dies entspricht dem derzeitigen gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwert der EU.
Die WHO-Werte für Stickstoffdioxid und Feinstaub haben sich gesenkt
Ebenso passte das Expertenteam der WHO die Werte für Feinstaub an: An PM10 sollten nicht mehr als 15 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel gemessen werden. 2005 veranschlagte die WHO für diesen Wert noch 20 Mikrogramm. Gesetzlich vorgeschrieben ist in der EU ein Grenzwert von 40 Mikrogramm. Für PM2,5 senkten die Autoren der Leitlinie ebenfalls den Wert – von 10 auf 5 Mikrogramm pro Kubikmeter. Zum Vergleich: Die EU schreibt hier eine maximale Konzentration von 25 Mikrogramm pro Kubikmeter vor.
Hätten die neuen Werte in der EU rechtliche Gültigkeit, wäre die Feinstaubbelastung in zahlreichen deutschen Städten viel zu hoch. So ergab eine Berechnung des Science Media Centers, dass die Messstationen hier zu Lande den EU-Wert in den Jahren 2019 und 2020 eingehalten haben. Gemessen am Limit, wie es die WHO noch 2005 vorsah, läge die Belastung mit PM2,5 in Städten aber bei 80 Prozent der Stationen an verkehrsnahen Standorten zu hoch. Mit der neuen Leitlinie würden fast alle Messstationen die Schwelle überschreiten.
Weltweit zeichnen die Fachleute der WHO ein deutlich düsteres Bild: Im Jahr 2019 waren mehr als 90 Prozent der Weltbevölkerung einer Feinstaubkonzentration durch PM2,5 ausgesetzt gewesen, die selbst den alten WHO-Wert überschritten hätte. Laut einer Berechnung der Gesundheitsorganisation ließen sich 80 Prozent der durch PM2,5 verursachten Todesfälle vermeiden, würde die Feinstaubkonzentration weltweit unter dem neuen Grenzwert liegen.
Neue Schadstoffe ohne Grenzwert
Expertinnen und Experten begrüßen die aktualisierten Empfehlungen. Einige Forscher bemängeln jedoch, dass neue Schadstoffe wie ultrafeine Partikel oder Ammoniak aus der Landwirtschaft zwar genannt, aber nicht mit einem Grenzwert in die Leitlinien aufgenommen wurden. »Die wissenschaftliche Community hätte zumindest den schwarzen beziehungsweise elementaren Kohlenstoff (BC/EC) als gesundheitsrelevanten Teil von Feinstaub PM2,5 erwartet«, sagt Alfred Wiedensohler vom Leibniz-Institut für Troposphärenforschung in Leipzig laut einer Aussendung des Science Media Centers. »Fakt ist: Unvollständige Verbrennung ist weltweit ein großes Problem, und BC/EC ist ein guter Indikator für das Gesundheitsrisiko.« Laut der WHO gebe es aber noch nicht genügend aussagekräftige Studien, um derartige Schadstoffe mit einem Grenzwert zu belegen.
Die neuen Leitlinien beruhen auf der Durchsicht von Metaanalysen. Diese Studien hätten gezeigt, dass die Gesundheit der Menschen sehr viel stärker unter der Schadstoffbelastung leide als zuvor angenommen. »Die WHO zeigt mit den Richtwerten, dass auch geringe Konzentrationen von Luftschadstoffen, die weit unter den bisherigen empfohlenen Richtwerten liegen, schwer wiegende Gesundheitseffekte auslösen können«, sagt die Umweltepidemiologin Barbara Hoffmann von der Universität Düsseldorf. »Ich sehe die große Bedeutung dieser neuen WHO-Leitlinien vor allem darin, dass sie zeigen, dass es keine ›ungefährliche‹ Luftverschmutzung gibt.«
Vor Kurzem vermeldete auch die Europäische Umweltagentur, dass die Luftverschmutzung gemessen an den derzeitigen Grenzwerten in weiten Teilen der EU zu hoch sei. Durch den Straßenverkehr sei die Belastung mit Stickstoffdioxid vor allem in Großstädten Besorgnis erregend. Feinstaub stelle zudem in Mittel- und Osteuropa ein Problem dar, weil dort noch viel Kohle und Holz zum Heizen und für die Industrie verbrannt werden. Verbessert habe sich die Luftqualität aber im Jahr 2020 – wie die Umweltexperten der europäischen Behörde angeben, dürfte es sich um einen Nebeneffekt der Coronapandemie gehandelt haben. Inwieweit nun die neuen Leitlinien der WHO die EU-Grenzwerte für Luftschadstoffe beeinflussen werden, wird sich wohl 2022 zeigen: Dann will die EU ihre Richtlinien aktualisieren.